Gründungen: Annäherungen an zwei Baustellen

Katharina Skworzow

Meine Gründe

 

In meinem Forschungsprojekt wollte ich mit Blick auf ein Start-up ursprünglich nach den "Dingen des Anfangs" fragen – danach, was es alles braucht, um ein Unternehmen zu gründen. Mein Interesse für Mode legte es nahe, dass ich mich einem Start-up in diesem Bereich zuwenden würde. Auf der Suche nach einem Unternehmen, in dem ich dieses Interesse verfolgen konnte, kam ich aus meinem alltäglichen Umfeld heraus jedoch mit einer Bauunterfirma in Kontakt und somit mit Gründungen ganz anderer, handfester Art.

 

Die Firma ist zwar kein Start-up im eigentlichen Sinne (unkonventionelle Geschäftskonzept und wenig entwickeltes Marktfeld), aber doch auch ein vergleichsweise junges Unternehmen, das sich in der Aufbauphase befindet. Dass es spannend sein könnte, mich mit dieser Baufirma zu beschäftigen, fand ich auch deshalb, weil sich mir so neben der Möglichkeit, etwas über die Gründung eines Unternehmens zu erfahren, zudem Einblicke in einen zweiten Gründungsprozess eröffneten: die Arbeiten am Fundament, die Gründung eines Hauses.  

 

Baustellenfahrzeug  (Foto: Katharina Skworzow)
Baustellenfahrzeug (Foto: Katharina Skworzow)

"Der Besuch von Baustellen oder Konstruktionsstätten bietet gewöhnlich den großen Vorteil, daß sie einen idealen Ausgangspunkt bilden, um den Verbindungen zwischen Menschen und nicht-menschlichen Wesen beizuwohnen. Wer eine Baustelle besichtigt, die Füße tief im Schlamm, hat normalerweise die Chance zu sehen, wie sich durch die Arbeit die Eigenschaften der einen wie der anderen verändern. Das gilt nicht nur von der Baustelle Wissenschaft, sondern von allen anderen ebenso, wobei die offensichtlichsten Baustellen (construction sites) jene sind, die am Ursprung der Metapher stehen, nämlich Häuser und Gebäude, die von Architekten, Maurern, Stadtplanern, Grundstücksmaklern, Hauseigentümern fabriziert werden." (Latour 2007: 152-153) 


Nachdem ich Kontakt zu dem Bauunternehmen aufgenommen hatte, verabredete ich mit einem der zwei Inhaber, den Bautrupp auf eine Baustelle begleiten und dort Beobachtungen anstellen zu dürfen. Als es soweit war, orientierte ich mich anfangs am Tagesablauf der Mitarbeiter. Meine Eindrücke vom Geschehen auf dem Bau habe ich in Notizen festgehalten. Zur Klärung von Fragen, die sich mir stellten, wandte ich mich an Mitarbeiter, die mir ihre Aufgaben zeigten. Sie führten mich ins Geschehen ein und erklärten mir ihre Routinen. Daneben habe ich gezielt Gespräche geführt, die dazu dienen sollten, offene Fragen zu beantworteten sowie Einblicke in den Prozess der Unternehmensgründung zu gewinnen. Dabei habe ich mich für ein narratives Interview mit einem der Inhaber entschieden. Zudem unternahm ich weitere Beobachtungen zur Arbeit am Fundament, diesmal fotographierend. 

Gründung I: das Unternehmen

 

Auszug aus einem Interview mit einem der Firmeninhaber

 

Ich: Was sind erste Schritte zur Gründung einer Baufirma?

 

Inhaber: Um überhaupt eine Baufirma gründen zu können, muss einer der Arbeiter in der Baufirma einen Meistertitel besitzen, dieser kann Maurermeister oder Zimmermannmeister sein, oder in meinem Fall Diplomingenieur. Mit dem Meistertitel kann gewährleistet werden, dass der komplette Ausbau eines Bauvorhabens getätigt werden darf. Danach erfolgt der Gang zum Anwalt, um eine geeignete Rechtsform der Baufirma zu finden.

 

Ich: Für welche haben Sie sich entscheiden und warum?

 

Inhaber: Mein Partner und ich haben uns für die Form der GmbH entschieden. Hierbei war uns wichtig, bei Risikofällen nicht mit dem eigenen Kapital haften zu müssen, sondern mit dem Firmenkapital, welches mindestens 25.000 Euro einschließt. Anschließend muss die Registrierung in der Industrie und Handwerkskammer erfolgen. Hier wendet man sich an die Handwerkskammer, der lokalen Region. Aber auch der Gang zum Steuerberater ist wichtig, um steuerliche Pflichten und Gegebenheiten in Erfahrung zu bringen. Wurden alle Behördengänge erledigt, so müssen Werkzeuge und Maschinen angeschafft werden.

 

Ich: Kaufen Sie die Werkzeuge bzw. Maschinen ein oder mieten Sie auch Gerätschaften? Welche sind das?

 

Inhaber: Es gibt einige Maschinen, die benötigen wir auf fast allen Bauprojekten, welche zu Beginn eingekauft wurden. Hierzu gehören Bagger, Rüttelplatte, Erdstampfer sowie ein Lkw zum Transport von Arbeitern und Gerätschaften. Darüber hinaus müssen verschiedene Arten von Hämmern, Wasserwaagen, Steinsägen, ein Nivelliergerät, Eisenscheren und Kellen besorgt werden. Anmietungen werden bei großen Projekten notwendig. Diese sind z. B. große Bagger, aber auch Betonmischmaschinen werden angemietet.

 

Ich: Nach Beschaffung, was ist noch wichtig zur Gründung?

 

Inhaber: Dann können Arbeiter eingestellt werden. Wir beschäftigen im Moment vier Mitarbeiter. Zur Etablierung der Firma sind Kunden unabdingbar.

 

Ich: Wie machen Sie diese auf sich aufmerksam?

 

Inhaber: Dies kann durch Werbung passieren, indem eigene Homepages erstellt werden. Oder durch die Zusammenarbeit mit Architekten kann mithilfe von Mund-zu-Mund-Propaganda auf einen aufmerksam gemacht werden.

Gründung II: das Fundament

 

Baugrube mit Rollierung (Kies) (Foto: Katharina Skworzow)
Baugrube mit Rollierung (Kies) (Foto: Katharina Skworzow)
Mit Baufolie abgedeckte Rollierung (Foto: Katharina Skworzow)
Mit Baufolie abgedeckte Rollierung (Foto: Katharina Skworzow)
Beim Verlegen der Bewehrung (Foto: Katharina Skworzow)
Beim Verlegen der Bewehrung (Foto: Katharina Skworzow)

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• Bruno Latour (2007), Eine neue Soziologie für eine neue Gesellschaft: Einführung in die Akteur-Netzwerk-Theorie, Frankfurt a. M.